<?xml version="1.0" encoding="UTF-8"?><document><element name="title"><value> Mitarbeiterqualifizierung in der virtuellen Realität - Implementierung und Evaluation einer didaktischen Simulationsanwendung</value></element><element name="description"><value>de: Virtuelle Teamtrainingsanwendungen sind im militärischen Bereich seit über 20 Jahren mit großem Erfolg im Einsatz. Bei geeigneten Randbedingungen schafft dieses Qualifizierungsmedium neben einer erheblichen Reduzierung von Ausbildungsdauer und -kosten beachtliche Vorteile hinsichtlich der einhergehenden Ausbildungsqualität. Im Rahmen des Bayerischen Forschungsverbundes ForLog wird in Kooperation des Lehrstuhls für Fördertechnik Materialfluss Logistik (fml) und der Ray Sono AG das Potenzial entsprechender Qualifizierungsansätze im zivilen Industriesektor praxisnah untersucht. |en: Virtual team training applications have a long tradition in military training history, being very successfully made use of for over 20 years now. Under appropriate conditions team training in virtual environments is superior to corresponding conventional approaches, resulting in reduced time requirements, less spending and simultaneously improved training quality. Firmly focusing on the end user needs, the Institute for Material Handling Material Flow and Logistics (fml) of the TU Munich and the Ray Sono AG cooperate to analyze the potentials of virtual team training in civil industrial environments within the scope of the Bavarian research cooperation ForLog.</value></element><element name="body"><value> 1. Einführung Zu Beginn des 21. Jahrhunderts haben sich die Umfeldbedingungen der Unternehmen dramatisch verändert. Das internationale Industriegeschäft ist heute von vier bedeutenden Veränderungsprozessen geprägt: Globalisierung, Deregulierung und ein fortschreitender Konzentrationsprozess im Umfeld der Industrieunternehmen mit einer Neudefinition der Wertschöpfungsketten zwischen dem OEM (Original Equipment Manufacturer) und den Zulieferern sowie beschleunigter technologischer Fortschritt. Zur Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit sehen sich Unternehmen, unabhängig ihrer Größe und ihrer nationalen bzw. internationalen Strukturen zur permanenten Optimierung ihrer wertschöpfenden und administrativen Prozesse gezwungen, um die kontinuierlich steigenden Kundenerwartungen hinsichtlich Zeit, Kosten und Qualität heute und in Zukunft erfüllen zu können. Diese drei Gestaltungsdimensionen erfordern eine simultane Verbesserung, wobei die Qualität als Wettbewerbsfaktor auf sämtlichen Unternehmensebenen von herausragender Bedeutung ist. Qualität wiederum ist nicht zuletzt das Resultat qualitativ hochwertiger Entwicklungs-, Produktions- und Logistikprozesse. Als deren wesentliche Gestaltungsparameter lassen sich die Faktoren Mensch, Maschine, Material und Methode identifizieren, wobei dem Menschen im Zeitalter sinkender Produktlebenszyklen und schnell wechselnder Produktspektren als größtem Flexibilitätsträger wieder eine zunehmend bedeutendere Rolle zukommt. Gerade in Produktion und Logistik prägt der Mensch nach wie vor einen wesentlichen Anteil der inhärenten Prozesse. Termin- und Kostendruck verlangen daher nach adaptiven Arbeitsorganisations- und Ausbildungsmodellen, die es den Unternehmen ermöglichen, die von den Mitarbeitern eingebrachte Leistung hinsichtlich Ort, Kapazität und Qualifikation bedarfsgerecht anzupassen. Diese Flexibilität ist essentiell, um niedrige Reaktionszeiten auf zunehmend volatilen Märkten beizubehalten. Das Teilprojekt MitLog (Mitarbeiterqualifizierung und –mobilität) des Forschungsverbundes ForLog ( Bayerischer Forschungsverbund Supra-Adaptive Logistiksysteme ) beschäftigt sich hierbei intensiv mit der Fragestellung, wie der Wissensbedarf einzelner Mitarbeiter bzw. ganzer Teams in hochvolatilen Umgebungen befriedigt werden kann. Wie ist es beispielsweise möglich, ein Team in so kurzer Zeit zu trainieren / qualifizieren, dass es, im Sinne einer Null-Fehler-Strategie, entdeckte Mängel an bereits verbauten Komponenten eines Zulieferers noch in-line beheben kann? Um eine im Vergleich zu herkömmlichen Methoden effizientere Gestaltung (Beschleunigung der Mitarbeiterqualifizierung bei gleichzeitig sinkenden Kosten und verbesserter Ausbildungsqualität) von Wissenstransfer in Einzel- oder Teamtrainings realisieren zu können, gerät die Verwendung computergenerierter Trainingsumgebungen zunehmend in den Fokus. Virtuelle Teamtrainingssimulationen sind im militärischen Bereich seit langem erfolgreich im Einsatz (Abb. 1). Ob sich die Eignung dieses Qualifizierungsmediums auch auf typische Szenarien im heutigen Umfeld der zivilen Industrieunternehmen übertragen lässt, ist Gegenstand derzeitiger Untersuchungen. Abbildung 1 : Virtuelle Teamtrainingsumgebung im Einsatz bei der Bundeswehr 2. Grundlagen des virtuellen Teamtrainings Für den zivilen Industriesektor stellt das virtuelle Teamtraining einen relativ neuen Ansatz zur Bewältigung der wachsenden Herausforderungen in der Personalqualifizierung dar. Daher wurde zunächst eine Definition zu dessen Beschreibung abgegrenzt und die Rahmenbedingungen für einen erfolgversprechenden Einsatz untersucht. 2.1. Begriffsklärung Virtuelles Teamtraining ist ein Begriff, der sich aus der Synthese von klassischem Teamtraining und der virtuellen Realität (VR) als Trainingsumgebung ergibt. Innerhalb virtueller Realitäten vermittelt das Teamtraining jedem Teammitglied aufgabenspezifische Fertigkeiten sowie die notwendige Teamkompetenz (Kooperation, Kommunikation, Koordination) mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit nicht nur des einzelnen Mitarbeiters sondern des gesamten Teams zu erhöhen. Essenziell ist dabei die Stärkung des Bewusstseins von Zusammenhängen und Regelkreisen. Die virtuelle Realität bezeichnet eine durch „high-fidelity-Simulationen“ gekennzeichnete Mensch-Maschine-Schnittstelle, die Interaktionen in Echtzeit und über multiple sensorielle Wirkdimensionen ermöglicht. Überwiegend wird dabei auf Kombinationen visueller, haptischer und auditiver Reize zurückgegriffen. Die Nutzung der VR zu Qualifizierungszwecken erscheint dann relevant, wenn das Training in realen Umgebungen zu aufwändig (finanziell und/oder zeitlich) oder risikobehaftet ist. Ebenso sind mit Hilfe des virtuellen Teamtrainings Ausbildungsszenarien vorstellbar, die als präventive Qualitätssicherungsmaßnahme zukünftige Eventualitäten abzudecken helfen. 2.2. Wissenserwerb in der virtuellen Realität Ziel des Wissenserwerbs in virtuellen Welten ist die verbesserte Erfüllung von Aufgaben in der Wirklichkeit. Aufgaben werden hierbei als eine Reihe zusammenhängender und zielgerichteter Aktivitäten begriffen. Um diese durchzuführen, ist einerseits spezifisches Faktenwissen notwendig und andererseits die Kenntnis, wie dieses Faktenwissen umzusetzen ist. Jede systematische Personalqualifizierung erfolgt daher phasenweise: sequenziell muss dem Trainingskandidaten zunächst das Basiswissen einer Aufgabe vermittelt werden (kognitive Phase). Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Anwendung dieser diskreten Kenntnisse vermittelt und diese zu Handlungsketten verknüpft (assoziative Phase). Anschließend fixieren bzw. automatisieren sich diese Handlungsketten durch ausreichende Wiederholung (autonome Phase) [ Hawkins1993 ], [ Stark1989 ]. Für die Vermittlung reinen Faktenwissens kommt die Anwendung des virtuellen Teamtrainings jedoch nicht in Betracht. Künstliche Lernumgebungen zeigen während der kognitiven Ausbildungsphasen keinen Vorteil gegenüber den traditionellen Instruktionsmethoden [ Schwan2002 ]. Wie zahlreiche (meist militärisch beauftragte) Studien dagegen vorweisen, stellt sich dies bei der Einübung von Handlungsabläufen in den Folgephasen der Personalqualifizierung anders dar. Unabhängig vom intellektuellen Anspruch der Aufgaben zeigt die militärische Kollektivausbildung in virtuellen Trainingsumgebungen einen teilweise bemerkenswerten Positivtransfer prozeduralen Wissens in die reale Arbeitswelt. Dies erstreckt sich sowohl auf die Fertigkeiten des Einzelnen als auch des Teams [ Goldman1997 ]. Genauso kann sich bei inadäquater Gestaltung von Trainingssimulationen jedoch auch ein negativer Transfer einstellen. Bei der Implementierung effektiven virtuellen Teamtrainings muss der Identifizierung von Anforderungen für ein positives Lernerlebnis daher besondere Beachtung geschenkt werden und sollte vorzugsweise interdisziplinär erfolgen [ Rose2000 ]. 2.3. Einsatzmöglichkeiten in der produzierenden Industrie Das virtuelle Teamtraining löst sich von der Notwendigkeit realer Objekte und führt über die räumlich -zeitliche Autonomie seiner Durchführung zu einer weitgehenden Flexibilisierung von Qualifikation. Dies stellt einen wesentlichen Vorteil in den Phasen der Vorinbetriebnahme dar, um designierte Mitarbeiterteams auf ihre neue oder abgewandelte Arbeitsumgebung vorzubereiten und somit die Anlaufzeiten der Produktion erheblich zu verkürzen. Auch müssen kostenintensive Produktionsressourcen nicht mehr zeitweilig zu Trainingszwecken verwendet werden, da aktuell erforderliche Fertigkeiten in synthetischen Ausbildungsumgebungen vermittelt werden können. Eine hohe Verfügbarkeit solcher Qualifikationsmöglichkeiten wirkt sich zudem positiv auf die Beherrschung kritischer Handlungsabläufe aus und führt somit zu höherwertiger Prozessqualität. Vernetzte VR-Technologie unterstützt den Wunsch nach geringeren Abwesenheitszeiten sowie die Idee virtueller Teams, indem benötigte Informationen verteilt sowie bedarfsorientiert und permanent am Arbeitsplatz verfügbar gemacht werden (verteiltes Lernen). Ad hoc bereitgestellte Lerninhalte machen es im Sinne von Null-Fehler-Strategien darüber hinaus denkbar, die Fertigkeiten verschiedener Teams noch während laufender Produktionsprozesse (in-line) an geänderte Randbedingungen anzupassen (bspw. zur Korrektur von Fehlern). Nachfolgend zusammengefasste Kriterien bestimmen die Anwendbarkeit virtuellen Teamtrainings nachhaltig. 2.3.1. Absenz realer Trainingsszenarien: Jede Beurteilung der Effektivität virtuellen Teamtrainings beruht auf einer Gegenüberstellung mit seinem realen Pendant. Das ist in diesem Fall nicht möglich. Sollte ein Trainingsszenario auf Grund real nicht verfügbarer Randbedingungen undurchführbar sein, so gibt es zur Simulation meist keine Alternative. Wird dagegen eine Verlagerung des Trainings aus der realen in eine virtuelle Umgebung in Betracht gezogen, müssen weitere Kriterien beleuchtet werden. 2.3.2. Sicherheitskritische Aufgaben: Sicherheitsaspekte besitzen in diesem Kontext zwei Gesichtspunkte: Sicherheit der Trainingskandidaten sowie Sicherheit des Trainingsumfelds. Sollten Fehler bei einer Ausbildung „on-the-job“ zu schwerwiegenden Konsequenzen führen können, bietet sich besonders für unerfahrene Trainingskandidaten zunächst eine Simulation der späteren Arbeitsumgebung an. 2.3.3. Kostenkritische Aufgaben: Zahlreiche Systeme sind in ihrer Anschaffung, Instandhaltung und in ihrem Betrieb viel zu kostenintensiv, um lediglich zu Trainingszwecken eingesetzt zu werden. Zudem bieten Simulationsumgebungen eine vergleichsweise hohe Flexibilität hinsichtlich einfacher Konfigurationsänderungen (Änderungen von Systemparametern). Ferner führt der Trainingsbetrieb an realen Systemen zu reduzierter Produktivität bei gleichzeitig erhöhtem Risiko kostenkritischer Folgeschäden durch falsche Handhabung des Geräts. In Unternehmen mit einer Vielzahl von Standorten legen Teile des zu schulenden Personals weite Entfernungen zurück, da viele Qualifizierungsmaßnahmen lediglich lokal beschränkt erfolgen können. Mit räumlich verteilten Trainingssimlationen kann den oftmals angespannten Qualifizierungsbudgets begegnet werden. 2.3.4. Zeitkritische Qualifizierung: Globalisierung und Marktdynamisierung schlagen sich in sämtlichen Branchen u.a. in Form hohen Qualifizierungsdrucks nieder: Erwünscht ist somit eine Qualifizierung der Mitarbeiter, die sich schneller und stärker am aktuellen Wissensbedarf orientiert. Das virtuelle Teamtraining kann die erforderlichen Fertigkeiten effizient und flexibel sowie ohne zeitlich-räumliche Restriktionen vermitteln, sodass hinsichtlich der Befriedigung von Qualifizierungsbedarfen just -in-time- oder on-demand-Strategien denkbar erscheinen. 3. Virtuelles Teamtraining in der Praxis Theoretische Überlegungen zur Anwendbarkeit virtueller Teamtrainings im zivilen Industriesektor erlauben eine erste Abschätzung ihrer Einsatzmöglichkeiten und eine vorläufige Identifikation denkbarer Nutzenpotenziale eines solchen Qualifizierungsansatzes gegenüber der herkömmlichen Personalaus- und -weiterbildung. Jedoch mangelt es gegenwärtig an überzeugenden Implementierungen virtueller Teamtrainingsanwendungen, die die Machbarkeit entsprechender Vorhaben im zivilen Industriebereich unter Beweis stellen. Um die Forschungs- und Entwicklungsbemühungen auf diesem Gebiet voranzutreiben, entwickeln der Lehrstuhl fml der TU München und die Ray Sono AG eine prototypische Teamtrainingsplattform. Die angestrebte Praxisnähe wird durch die Kooperation mit der Zollner Elektronik AG, einem innovativen, global agierenden Elektronik-Dienstleister, sichergestellt: Inhalt und Anforderungen der realisierten Simulation richten sich nach den Vorgaben des kooperierenden Unternehmens. 3.1. Entwicklungsplattform Neben einer reinen Machbarkeitsuntersuchung anhand einer exemplarischen Anwendung für die Industrie ist es das primäre Ziel der Entwicklungsgemeinschaft, ein möglichst offenes System zu schaffen, das jederzeit als Grundlage für Weiterentwicklungen verwendet werden kann, ohne sich durch die Systembeschaffenheit selbst einschränken zu müssen (s. Abb. 2). Dazu muss die Anwendung inter-operabel (betriebssystemunabhängig) sein und größtmöglichen Freiraum hinsichtlich des erwünschten Datenaustausches bieten. Angesprochen sind damit jegliche Schnittstellen zur Kommunikation mit dem Anwender, Komponenten aus der realen Welt, anderen Simulationen sowie Software zur Datenverwaltung und -analyse. Um im Kontext industrieller Trainingsanwendungen zu bleiben, sind somit multi-user-fähige Qualifikationssysteme mit beliebiger Hardwareausstattung hinsichtlich Mensch-Maschine-Interaktion denkbar, die u.a. mit Informationen real existierender Anlagen oder bspw. Materialflusssimulationen gespeist werden können. Zur Erfüllung dieser Anforderungen basiert der Datenaustausch der umgesetzten Entwicklungsplattform auf der „High Level Architecture“ (HLA), einem internationalen Standard für verteilte Echtzeit-Simulationen [ Straßburger2001 ], [ Dahlmann1998 ]. Die Anforderungen stellen sich im Überblick wie folgt dar: HLA-konformer Datenaustausch als anwendungsneutrale Schnittstelle, um beliebige Simulationsteilnehmer einbinden zu können. Verteilte Simulation: Eigenständige Teilsimulationen erhalten bzw. senden lediglich für sie relevante Informationen. Der Datenverkehr wird soweit eingeschränkt, dass auch vernetzte Systeme echtzeitfähig sind (Update von Daten oberhalb menschlicher Wahrnehmungsgrenzen). Vernetzte Systemstruktur zur ortsunabhängigen Skalierung eingebundener Simulationsteilnehmer/Anwender. Einsatzmöglichkeit von Standardhardware, die entsprechend kundenspezifischer Anforderungen auch erweitert werden kann. Dieser Aspekt ermöglicht die Implementierung kostengünstiger Anwendungen, da sie bestehende Infrastrukturen nutzen bzw. in diese eingebunden werden können. Abbildung 2 : Exemplarischer Systemaufbau 3.2. Simulationsszenario Als Testanwender des Simulationswerkzeuges zeichnet sich der Elektronikdienstleister Zollner dadurch aus, dass sowohl Produkte mit einer hohen Variantenvielfalt (low-volume-high-mix) als auch die Fertigung in hohen Stückzahlen (high-volume-low-mix) im Leistungsspektrum enthalten sind. Dabei muss das Unternehmen in der Lage sein, die starke Volatilität des Marktes zu beherrschen. Um bei diesen Randbedingungen in den betroffenen Bereichen dennoch profitabel zu bleiben, wurde eine extrem anpassungsfähige Fertigung aufgebaut. Entsprechend der aktuellen Auftragslage können dazu kurzfristig aus Einzelarbeitsplätzen bestehende modulare Fertigungsinseln gebildet werden. Die Arbeitsinhalte der dort tätigen Teammitglieder bestehen aus produkt- und arbeitsplatzabhängigen Montageabläufen, die jeweils durch eine hohe Anzahl an Einzelarbeitsschritten gekennzeichnet sind. Jede Bearbeitungsstation innerhalb der Fertigungsinsel ist dabei vom Arbeitsergebnis des Vorgängers abhängig. Bisher sind den individuellen Bearbeitungsstationen Spezialisten zugeordnet. Um zusätzliche Flexibilität, Motivation und eine Erhöhung der Qualität zu erlangen, ist geplant, sämtliche Mitarbeiter für das gesamte Spektrum an erforderlichen Tätigkeiten innerhalb existierender Fertigungsprozesse weiterzubilden. Jeder Mitarbeiter wird kontinuierlich auf alle sich geregelt ändernden Aufgaben seines Fertigungsteams vorbereitet. Mit herkömmlichen Instruktionsmethoden würde dieses Vorhaben einen erheblichen Mehraufwand an notwendiger Qualifizierung bedeuten. Außerdem wäre die Ausbildung am Arbeitsplatz mit einem nicht zu vernachlässigenden Produktivitätsrückgang verbunden. Fasst man alle Einzelaspekte zusammen, bietet sich hier ein nahezu ideales Szenario für die Umsetzung einer virtuellen Teamtrainingsanwendung: Die unter 2.3 genannten Voraussetzungen zur effizienten Anwendbarkeit virtuellen Teamtrainings gelten als erfüllt. Insbesondere bietet sich in diesem Umfeld die Möglichkeit eines direkten Vergleichs zwischen virtuellem Teamtraining und herkömmlichen Instruktionsmethoden, um eine aufwandsarme Nutzenbewertung zu ermöglichen. 3.3. Prototypische Umsetzung Abbildung 3 : Virtuelle Fertigungsinsel Gegenstand der Trainingssimulation ist die Endmontage einer umfangreichen elektronischen Baugruppe innerhalb einer modularen Fertigungsinsel, die in einer Prozedur von über 60 Arbeitsschritten mit fester Reihenfolge realisiert wird (Abb. 3). Jeder Handlung im virtuellen Raum ist dabei eine entsprechende Mindestdauer zugeordnet, die sich aus den Soll-Vorgaben der Arbeitsplanung ableitet. Auf diese Weise wird verhindert, dass sich Trainingskandidaten bei einzelnen Aufgaben, die sie gut beherrschen „schnell durch das Trainingsprogramm klicken“ und somit ihre gesamtheitliche Trainingsleistung, die das System während der Trainingsdurchläufe mitprotokolliert, verfälschen. Um es zu ermöglichen, auch ungeschultes Personal in der virtuellen Welt einzuarbeiten, kann die Simulation zur Laufzeit weitere Informationen einblenden. Aktuell durchzuführende Arbeitsschritte erscheinen dann als Textanweisung ergänzt durch die farbliche Hervorhebung manipulierbarer Objekte und deren Einbauorte. Handlungen, die der Arbeitsprozedur nicht entsprechen, lässt die prototypische Anwendung dagegen in der ersten Umsetzungsphase nicht zu. Realisiert wird dies, indem am virtuellen Arbeitsplatz zu jedem Zeitpunkt nur definierte Objekte manipuliert werden können. Andersartige Systemeingaben ignoriert die Simulation. Vor- sowie nachgelagerte Bearbeitungsstationen sind bereits in die Simulation integriert, finden jedoch bei der ersten und nachfolgend dargestellten Evaluation dieses Demonstrators noch keinen Eingang. Um eine reibungslose Integration der Software in den bestehenden IT-Unterbau des Unternehmens zu garantieren, werden relativ geringe Systemanforderungen festgelegt: IBM PC mit mindestens 0.8 bis 1.0 GHz 3D Grafikeinheit mit mindestens 64MB VRAM Standard Systemeingabe und -ausgabe Besonders für die Visualisierung mit ausreichender Detaillierung in Echtzeit ist dies eine herausfordernde Zielsetzung, die jedoch durch konsequente Anwendung polygonreduzierender Techniken wie der vereinfachten Modellierung komplexer Strukturen oder der Texturierung erfüllt werden konnte. Durch die Beschränkung von Systemeingabe und -ausgabe auf Standardkomponenten müssen gegenwärtig noch sämtliche Aktionen innerhalb der virtuellen Welt abstrakt angestoßen werden. Die Positionierung der Baugruppe sowie einzelner Bauteile oder die Verwendung von Werkzeugen erfolgt durch Verwendung einer Computermaus. Abbildung 4 : Virtuell zu montierende Baugruppe 3.4. Evaluation Um die Effizienz virtueller Teamausbildung gegenüber herkömmlichen Qualifizierungsmethoden vergleichen zu können, wurden verschiedene Versuchsreihen mit hinsichtlich ihrer Ausbildung unterschiedlichen Mitarbeitergruppen durchgeführt. Hierbei wurden drei Parameter qualitativ bewertet: Qualifizierungskosten und -dauer sowie Ausbildungsqualität. Es konnte gezeigt werden, dass das realisierte, virtuelle Trainingsbeispiel sowohl zur Einarbeitung neuen Personals wie auch zur kontinuierlichen Aus- und Weiterbildung des bestehenden Mitarbeiterstamms eignet. Herkömmliche und virtuelle Maßnahmen ergänzen sich dabei. Eine völlige Ablösung des Trainings „on-the-job“ wird jedoch als nicht zielführend erachtet, da praktisches Know-how für den Umgang mit Montagewerkzeugen oder sonstigen Hilfsmitteln nicht erlernt werden kann. Die entwickelte Simulationsumgebung eignet sich dagegen gut zur Vermittlung der Handlungsabläufe abgebildeter Arbeitsprozesse. Durch eine Verbesserung der Verfügbarkeit (zeitlich-räumlich ungebundene Einsetzbarkeit) von Aus- und Weiterbildung mit Hilfe des virtuellen Teamtrainings verspricht man sich eine Reduzierung der Qualifizierungsdauer bei gleichzeitig erhöhter Qualifizierungsqualität. Mit der teilweisen Entlastung der Fertigungs- und Montageabteilungen durch Entkopplung von Qualifizierungsmaßnahmen und produktivem Betrieb wird eine Steigerung der Produktivität prognostiziert. Bedingt durch den häufigen Produktwechsel variiert der Qualifizierungsbedarf von Fertigung und Montage im Unternehmen z.T. sehr kurzfristig. Die vernetzte Systemarchitektur der realisierten Anwendung erlaubt eine ortsunabhängige Skalierung des Nutzerkreises und könnte nach Ansicht der für Personalplanung und -entwicklung Verantwortlichen ein adäquates Mittel zur Bewältigung zukünftig steigender Bildungsanforderungen darstellen. Gelöst werden könnte dies durch die Etablierung werks- sowie landesübergreifender Teamtrainingsprogramme, womit sich notwendige Qualifizierungsmaßnahmen weiter flexibilisieren und standardisieren lassen. Außerdem vermutet man hinter einer solchen Dezentralisierung der Personalausbildung zusätzliche Kostensenkungspotenziale, bspw. durch die Reduzierung von Reisezeiten und -kosten. Neben der reinen Nutzung virtueller Teamtrainingsumgebungen zu Ausbildungszwecken wurde ein erhebliches Potenzial im Einsatz solcher Systeme zur Planung und Absicherung von Teamaktivitäten in manuellen sowie halbautomatisierten Prozessen identifiziert. 4. Zusammenfassung Die fortschreitende Marktdynamisierung im Zuge der Globalisierung führt zu verstärkten Anstrengungen, um der volatilen Nachfrageentwicklung durch gesteigerte Reaktionsfähigkeit gerecht zu werden. Das dazu in allen Ebenen erforderliche Wissen muss in gleichem Maße bereitgestellt werden können, was die Personalqualifizierung zu einem bedeutenden Teilaspekt im Rahmen der Gestaltung zukunftssicherer Unternehmensstrategien macht. Der im militärischen Bereich weitgehend etablierte Ansatz des virtuellen Teamtrainings wurde daher hinsichtlich dessen Einsatzmöglichkeiten und Nutzenpotenzialen in Form ziviler Anwendungen untersucht. Virtuelle Teamtrainingssysteme sind im Allgemeinen verteilte Echtzeit-Simulationen zur interaktiven Darstellung teamorientierter Arbeitsprozesse. Neben individuellen Fertigkeiten werden den Trainingskandidaten Teamkompetenzen (Kommunikation, Kooperation, Koordination) vermittelt, die für die erfolgreiche Bewältigung ihrer Aufgaben in einer realen Arbeitsumgebung erforderlich sind. Um die Machbarkeit des virtuellen Teamtrainings für die Personalqualifizierung im industriellen Umfeld praxisnah überprüfen zu können, entstand in enger Kooperation mit der Zollner Elektronik AG eine erste prototypische Demonstrationsanwendung. Konzeption und Implementierung folgten dabei konsequent dem Vorsatz, eine flexibel erweiterbare Entwicklungsplattform zu realisieren, um auf zukünftige Systemanpassungen vorbereitet zu sein. Inhaltlich handelt es sich um die Abbildung einer modularen Fertigungsinsel, deren Arbeitsprozesse weitgehend aus flexibel an die momentane Auftragslage angepassten Montageaufgaben bestehen. Wie Auswertungen zeigen, eignet sich das virtuelle Teamtraining sehr gut zur Simulation und Vermittlung von Handlungsabläufen. Bezug nehmend auf die produzierende Industrie deckt dies einen Großteil der Aus- und Weiterbildungsaufgaben in den Bereichen ab, die nicht automatisiert und daher immer noch stark von manuellen Arbeitsprozessen geprägt sind. Die hohe Verfügbarkeit virtueller Teamtrainingsumgebungen und die gleichzeitige Entkopplung der Qualifizierung vom produktiven Betrieb stellen im Vergleich zur herkömmlichen Ausbildung ein verbessertes Verhältnis von Kosten, Zeit und Qualität in Aussicht. Diese Effekte verstärken sich noch, wenn die vernetzte Architektur der Teamtrainingssimulationen zur Bildung örtlich unabhängiger Anwendungen hoher Flexibilität ausgenutzt wird. Mit dem aufgezeigten Entwicklungsstand der virtuellen Teamtrainingsanwendung wird die erste Realisierungsphase abgeschlossen. Bis zur produktiven Einsetzbarkeit eines vergleichbaren Systems ist eine weitere technische sowie inhaltliche Detaillierung erforderlich. Mit Hilfe aktuell vorliegender Arbeitsergebnisse lässt sich jedoch bereits zeigen, dass im virtuellen Teamtraining ein geeigneter Ansatz zur Bewältigung des steigenden Qualifizierungsbedarfs in Unternehmen gefunden werden konnte. 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